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Giovanni kocht einfach gern

Scheppernde Pfannen, Dampf, verschiedene Gerüche: die Küche ist eine intensive Arbeitsumgebung für die Sinne. Umso mehr für jemanden mit Hypersensibilität, wie Giovanni. Seine Diagnose hat ihn aber nicht davon abgehalten, Koch zu lernen.

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«Ja, die Arbeit in der Küche ist sehr anstrengend. Manchmal kann ich gut damit umgehen, manchmal weniger gut.» Giovanni nimmt aufgrund seiner Hypersensibilität Geräusche oder Gerüche, aber auch Gefühle intensiver wahr. In seinem Arbeitsalltag als angehender Koch ist er daher besonders herausgefordert, nicht von den äusseren Reizen überflutet zu werden. Im Interview erzählt er, wie ihm das gelingt.

Giovanni, wie erlebst du Hypersensibilität in deinem Arbeitsalltag?

Geräusche nehme ich sehr stark wahr: den Bräter zum Beispiel, wenn jemand abwäscht oder auch Gespräche. Ich rieche sofort, wenn etwas verbrennt oder eine Sauce mit Essig zubereitet wird. Für den Arbeitsalltag einschneidender als die Sinne ist aber, dass jedes Gefühl wie eine Achterbahnfahrt ist. Je nachdem in welcher Stimmungslage ich mich befinde, fasse ich Situationen anders auf. An einem schlechten Tag kann es mich drei Stunden lang beschäftigen, wenn mir etwas angebrannt ist.

Wieso hast du dich trotzdem für eine Lehre als Koch entschieden? Wie gehst du mit diesen Herausforderungen um?

Ich koche einfach gern. Und seit ich in der GEWA bin, erlebe ich grosse Veränderungen. Das Wichtigste ist wohl mein gesteigerter Selbstwert, das beeinflusst auch meinen Umgang mit anderen Menschen, den ich als angenehmer empfinde. Ich bin weniger hibbelig oder unsicher, weniger ängstlich und weniger scheu. Ich traue mir mehr zu und kann aus Überzeugung sagen, dass ich etwas kann. Während ich früher oft in einer Hypothese lebte («hätte, wäre, könnte»), beisse ich mich heute nicht mehr an negativen Gedanken fest und habe aufgehört, in meinen Gefühlen zu wühlen. In der GEWA stimmt das Setting, so dass ich mir die Zeit nehmen kann, mich besser kennenzulernen. Es ist möglich, bei der Arbeit kurz innezuhalten und zu reflektieren. Ich bin sehr geduldig und gebe nicht auf. Wenn etwas schief läuft oder ich für eine Arbeit etwas länger brauche, bleibe ich dran, bis ich fertig bin. Es gibt fast keine Arbeiten, die ich nicht gerne mache, sie gehören alle einfach zum Beruf dazu.

Was wünschst du dir für deine Zukunft?

Mein Ziel ist als erstes den EFZ-Abschluss, also das Qualitätsverfahren zu bestehen. Darin unterstützen mich auch meine Berufs- und Praxisbildner sehr enthusiastisch. Anschliessend kann ich mir gut vorstellen, in der Systemgastronomie mit einem strukturierten Tagesablauf zu arbeiten. À la carte ist wohl eher unrealistisch. Langfristig träume ich davon, mit Kochtherapie andere Menschen zu unterstützen, ich lerne sehr gerne Leute kennen.

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