Mit Stift und Papier gegen Überforderung
In jeder Pause verschwindet Fiona mit Stift und Papier. Wenn sie zeichnet und schreibt, kann sie sich selbst sein und ihre Tagträume auf Papier real werden lassen. Das dient ihr als Schutz und hilft ihr im Umgang mit ihren Emotionen.
Schon als Kind war Fiona gerne kreativ. Im Alter von 12 Jahren hat sie zufällig Mangas und den Anime-Stil entdeckt, seither ist sie ein grosser Japan-Fan. So sehr, dass sie mittlerweile auch Japanisch versteht. Wenn sie zeichnet oder schreibt, kann sie ihren Gedanken und Gefühlen freien Lauf lassen.
Zerplatzte Träume und unterschwellige Erwartungen
Fiona wollte eigentlich Informatikerin werden oder Geschichte studieren, besonders wegen ihrem Interesse für die alten Griechen. Doch als Real-Schülerin waren ihre Perspektiven eingeschränkt. Schliesslich wäre eine Lehre beim Drahtesel zustande gekommen, aber die grosse Freude der Eltern und ihre unterschwelligen Erwartungen setzten Fiona derart unter Druck, dass es ihr den Boden unter den Füssen wegzog. Kaum hatte Fiona die Lehrstelle angetreten, musste sie abbrechen. Innerhalb des ersten Monats erlitt sie ein Burnout. Nachdem auch eine Eingliederungsmassnahme nicht zustande kam und Fiona den Eintritt in eine Klinik verweigerte, brach die IV-Stelle ihre Unterstützung ab. Ungefähr ein Jahr lang war Fiona im luftleeren Raum, bis sich schliesslich der Sozialdienst und eine neue Psychologin ihrem Fall annahmen. Das ständige Gefühl, dass sie anders war – Fiona hat Mühe, Gesichter wiederzuerkennen oder Mimiken zu interpretieren – wurde endlich bestätigt: Eine Abklärung ergab die Diagnose Autismus Spektrum Störung (ASS), begleitet von einer schweren Depression.
Strategien gegen Trigger
Die Diagnose ASS war eine Erleichterung. Endlich gab es eine Erklärung für Fionas Zusammenbrüche. Das ständige Versteck-Spielen und sich verstellen zu müssen, damit sie sich in der Gesellschaft akzeptiert fühlte, kostete sie so viel Energie, dass es hin und wieder zu Gefühlsüberladungen kam. Diese sind mittlerweile seltener geworden. Fiona kennt sich gut und weiss, welche Trigger sie besser vermeidet. Sie hat sich viele Strategien angeeignet, um ihren Alltag zu meistern. Eine davon ist das regelmässige Schreiben und Zeichnen.
Den Alltag gefunden
Mit Unterstützung der IV-Stelle arbeitet Fiona seit 2 Jahren immer vormittags in der Abteilung GEWA Multimedia an einem angepassten Arbeitsplatz. Dort überprüft sie, ob die gebrauchten Geräte richtig gelöscht wurden und anonymisiert sie. Sie testet die Funktionalität und sortiert sie schliesslich anhand ihrer Qualität und ihrem Zustand. Fiona mag ihre Arbeit, auch wenn sie immer noch von einer Lehre träumt. Sie fühlt sich wohl, aber ihr zuhause ist die Anime-Welt.